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Amokverbrechen an Schulen

Amokverbrechen an Schulen sind, verglichen mit anderen, täglich vorkommenden Gewaltakten an Schülern und Lehrern, die vom Mobbing bis hin zur schweren Körperverletzung reichen, ein extrem seltenes Phänomen. Aufgrund verschiedener, auch medialer Rahmenbedingungen werden sie jedoch sehr viel stärker öffentlich wahrgenommen und diskutiert. Die Aufarbeitung im Sinne einer Prävention künftiger Taten bedarf angesichts vieler, nach wie vor offener Fragen jedoch einer Versachlichung.



Phänomen Amokverbrechen
Es gibt unterschiedliche Definitionen von Amokverbrechen im Allgemeinen und solchen an Schulen im Besonderen. Letztere (englisch „School Shootings“) werden z.B. als Tötungen oder Tötungsversuche durch Jugendliche an Schulen mit einem Ortsbezug verstanden und zwar unabhängig von der Zahl der Opfer (Robertz 2004). Vom Blickwinkel der Schule her betrachtet gab es Amoktaten von:


  • Tätern ohne Schulbezug an Schulen oder anderen Bildungseinrichtungen (z.B. tötete ein 42-jähriger 1964 in Köln mit einem selbstgebauten Flammenwerfer zwei Lehrerinnen und 28 Kinder, 2009 erstach ein Mann in Dendermonde/Belgien zwei Kinder und zwei Erzieherinnen in einem Kindergarten)
  • Schülern außerhalb von Schulen (z.B. tötete ein 16-jähriger Schüler 1999 in Bad Reichenhall seine Schwester und drei Passanten, 2009 töteten in Eislingen zwei Schüler die Eltern und beide Schwestern des einen mit Kleinkaliberpistolen, die sie Monate zuvor bei einem Einbruch in ein zentrales Waffenlager gestohlen hatten)
  • Tätern ohne Schulbezug außerhalb von Schulen (z.B. tötete ein 38-jähriger Amokfahrer 2009 in Appeldoorn/Niederlande sechs Menschen, ein 57-jähriger Mann tötete 2001 im Kantonsparlament in Zug/Schweiz 14 Menschen und ein mit einer Maschinenpistole bewaffneter 82-jähriger konnte 2009 in Bielefeld knapp an einer Tat gehindert werden)
Amokverbrechen an Schulen hatten u.a. folgende Charakteristiken (Landeskriminalamt NRW 2007):

  • sie hatten die tateinheitliche tatsächliche oder versuchte Tötung von mindestens drei Opfern als Ergebnis
  • es wurden verschiedenste Tatmittel verwendet (es gibt Beispiele für Hieb- und Stichwaffen, legale und illegale Schusswaffen, selbst hergestellte oder illegal verwendete industrielle Spreng- und/oder Brandmittel sowie weitere Gegenstände, die sich als tödliche Waffe einsetzen lassen)
  • sie wurden tatsächlich durchgeführt oder versucht durchgeführt zu werden, also nicht ohne Durchführungsabsicht vorgetäuscht oder angekündigt (dieses Phänomen wird regelmäßig nach tatsächlichen Amokverbrechen beobachtet, so gab es in den drei Monaten nach der Amoktat von Winnenden allein in Bayern 148 Amok- und Morddrohungen an Schulen – die sichergestellten Waffen waren Luftgewehre und –pistolen, Schwerter, Messer und so genannte Wurfsterne
  • sie sind über einen langen Zeitraum herangereift und auch geplant worden
  • es haben als Anlass oder Auslöser (nicht als Motivation) meist wenige Tage vorher oder am gleichen Tag schwere persönliche Kränkungen und Verluste stattgefunden (Status- oder Beziehungsverluste)
  • es gibt oft vorangegangene Amoktaten mit Vorbildwirkung („tatauslösende Sog- und Modellwirkung“), die opferreich und medienwirksam waren und entweder relativ kurz vorangingen oder einen medial begleiteten Jahrestag hatten
  • sie enden nicht mehrheitlich mit dem Suizid des Amok-Täters oder seiner Tötung durch Sicherheitskräfte, sondern zu rund 80 Prozent mit seiner Festnahme
  • sie werden weit häufiger von männlichen Tätern verübt, aber nicht ausschließlich wie die versuchet Amoktat einer 16-jährigen Schülerin 2009 in Sankt Augustin mit Spreng- und Brandvorrichtungen zeigt
  • sie werden meist von Einzeltätern durchgeführt, aber nicht ausschließlich wie die Beispiele Columbine High School oder Eislingen mit jeweils zwei Tätern zeigen
  • sie werden meist von Jugendlichen zwischen 14 und 20 bzw. von Erwachsenen zwischen 30 und 40 verübt
Äußere Einflüsse von Amoktaten
Es scheint relativ gesichert, dass eine bestimmte Konstellation äußerer Einflüsse vorliegt, die langfristig zusammenwirken, um ein Amokverbrechen zu verursachen.
Dazu zählen in etwa einem Drittel der Fälle psychiatrische Zustände aufgrund von Drogenkonsum, Erkrankungen oder Verletzungen.
Häufiger sind unzureichend ausgeprägte Fähigkeiten, Probleme und Konflikte angemessen verarbeiten zu können (z.B. den Verlust von Status, Beziehungen oder Gesundheit). In einer Dokumentation konnte eine extrem hohe Zahl vorangegangener Suiziddrohungen oder –versuche nachgewiesen werden. Der Amoktäter von Blacksburg/USA schrieb z.B. vor der Tat: „Ihr habt mein Herz verwüstet, meine Seele vergewaltigt und mein Gewissen in Brand gesetzt“.
Das soziale Leben ist offenbar stark von Ausgrenzungen und wenig von stabilen Bindungen gekennzeichnet. Hinzukommendes schulisches, berufliches und/oder privates Versagen ist widersprüchlicherweise oft von überdurchschnittlicher Intelligenz begleitet.
Stark scheint der exzessive Konsum von gewalttätigen Inhalten ausgeprägt zu sein, etwa von Filmen, Büchern und (Computer-)Spielen bis hin zur eigenen Produktion solcher Inhalte. Dabei spielen Motive wie Rache, Tod oder Gewalt eine herausragende Rolle. Damit einher geht der zentrale Vorgang des Abgleiten des späteren Täters in eine Nebenrealität. Möglicherweise ist nicht so sehr die Senkung der Hemmschwelle zu töten durch Medienkonsum entscheidend, sondern die Vorbildfunktion im Sinne eines „Drehbuches“ oder einer „Anleitung“ (Wie kann ein „Rachefeldzug“ bzw. Amokverbrechen aussehen bzw. wie muss er aussehen, um medial in einer als positiv verstehbaren Art wahrgenommen zu werden?). Ähnliches wird häufig in Bezug auf Jugendliche und Pornographie angenommen (reale Sexualität versuche dem Drehbuch konsumierter Pornographie zu folgen).
Offenbar ist der Umgang mit Waffen, sofern er stattgefunden hat, nicht zwingend ein solcher mit realen Waffen, sondern gleichermaßen sind die virtuellen Waffen von Computerspielen (wie den so genannten „Ego-Shootern“ oder „Third Party Shootern“) oder so genannte Anscheinwaffen (z.B. Luftdruckpistolen und -gewehre)
relevant. Die Realität einer echten, körperlich harten militärischen Ausbildung hingegen wird abgelehnt.
Alle diese Parameter sind jedoch offenbar nicht sicher prognosefähig nutzbar, so dass ein Frühwarnsystem schwierig zu entwickeln ist. Häufig jedoch haben tatsächliche oder potentielle Amoktäter ihre Tat durch Andeutungen, Drohungen oder unbewusste Hinweise angekündigt (z.B. im Internet, im Gespräch im Freundes- oder Familienkreis, gegenüber Mitschülern) und vorangegangene Amokverbrechen oder andere Gewalttaten intensiv verfolgt und analysiert. Oft erfolgten dabei sogar Hinweise gegenüber mehreren Personen oder mehrfach gegenüber denselben Personen.
Scheinbar gibt es wenig „Patentrezepte“ gegenüber Amoktätern. Während zum einen schulpsychologische und sozialarbeiterische Konzepte oder ganz allgemein die Stärkung des Selbstbewusstseins empfohlen wird, stehen auf der anderen Seite Forderungen nach Verbot gewaltverherrlichender Darstellungen oder der Beschränkung des Zugangs zu Waffen. Gerade die in weiten Teilen populistische Diskussion um weitere Verschärfungen des restriktiven deutschen Waffenrechtes ist geeignet, ein trügerisches Sicherheitsgefühl zu vermitteln. So konstatiert das Bundeskriminalamt: „Das Gefahrenpotential der Waffenkriminalität liegt in Deutschland schwerpunktmäßig im illegalen Besitz und Führen von Waffen. Allerdings ist die Anzahl der Straftaten unter Verwendung von Schusswaffen seit dem Jahr 2005 rückläufig, zudem kamen in rund 74% der Fälle des Berichtsjahres [2007] überwiegend erlaubnisfreie Schusswaffen wie Gas-/Alarm- und Luftdruckwaffen zum Einsatz.“ Und eine Stellungnahme des Instituts für Rechtspsychologie an der Universität Bremen erläuterte 2008: „unter kriminalpräventiven und rechtspsychologischen Gesichtspunkten stellen Legalwaffenbesitzer keine Gefahr für die Innere Sicherheit dar“. Von daher können Aktionen wie die Waffenrechtsverschärfung unter ausdrücklicher Berufung auf Winnenden oder spektakuläre Waffenvernichtungsaktionen als zum Zwecke der Amokprävention weitgehend untauglich betrachtet werden. Auch der Nutzen der, wie professionelle PR anmutenden Äußerungen von Teilen der Angehörigen von Winnenden-Opfern, die sich im so genannten Aktionsbündnis organisiert haben und auch politische Maximalforderungen stellen, für eine Versachlichung der Diskussion um die Prävention von Amokverbrechen darf bezweifelt werden.
Denn bestimmend für eine Amoktat ist offenbar nicht ein Legalwaffenbesitz, sondern die psychische Disposition und Motivation des Täters und es gibt wie aufgeführt zahlreiche Beispiele für Amok- und Mordtaten mit Kleinkaliberwaffen, Stichwaffen, ohnehin verbotenen Kriegswaffen oder aus handelsüblichen Chemikalien selbstgefertigtem Brand- und Sprengstoffen, die kaum in dem Fokus geraten. Folgerichtig konstatierte Sebastian Edathy, der Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, in einem Interview „Natürlich gibt es einen großen Respekt vor dem, was die Angehörigen der Opfer von Winnenden jetzt öffentlich gemacht haben, aber gleichwohl muss man die Frage stellen: ist es sinnvoll, diesen Hinweisen zu folgen? Wir haben es bei dem, was in Baden-Württemberg passiert ist, nicht zu tun mit einer gesetzlichen Regelungslücke, sondern mit einem Verstoß gegen geltendes Recht und ich habe ein gewisses Problem darin, die Logik zu erkennen, dass man sagt, weil ein Gesetzesverstoß vorliegt, ändern wir ein Gesetz. Das macht nicht viel Sinn“.
Generell sinnvoll hingegen – gerade aufgrund der genannten Drohungen und Ankündigungen – ist die Möglichkeit, sich an speziell bezeichnete und kommunizierte Stellen zu wenden, die unmittelbar Hilfe anbieten und zwar in der Realität (z.B. Schule), aber auch virtuell (z.B. in Form einer solchen Stelle im Internet). Weiterhin wird auch die allgemeine Gewalt- und Suizidprävention als sinnvoll genannt.
In der medialen Berichterstattung geht schließlich unter, dass es eine ganze Reihe von Amok- und Gewalttaten an Schulen gibt, die von Lehrern und Mitschülern verhindert werden konnten. So konnte im November 2007 ein mutmaßliches Amokverbrechen an einem Kölner Gymnasium verhindert werden, nachdem Mitschüler darüber informiert hatten, dass ein potentieller Täter Inhalte mit Amoktaten ins Internet einstellte.

Mediale Berichterstattung über Amoktaten
Offenbar spielt die Nachahmung vorangegangener Amokverbrechen eine wichtige Rolle – zum einen pragmatisch im Sinne eines „Drehbuchs“ für das eigene Verbrechen (neben Inhalten aus anderen Medien wie z.B. Ego-Shootern), zum anderen im Sinne einer scheinbaren Lösung für die eigene Situation der Demütigung oder des Versagens z.B. durch eine besonders hohe Zahl Opfer, die erreicht wurde oder ein besonderes Medieninteresse (beides im Vergleich zu vorangegangenen Taten) oder letztlich möglicherweise auch durch Erreichung besonders drastischer staatlicher Maßnahmen als Folge des Amokverbrechens. Das führt zu folgenden Fragen:


  • Hat die umfangreiche und detailgenaue Berichterstattung über die Amoktat von Winnenden auch dazu beigetragen, Amokverbrechen - aus der Perspektive gefährdeter Jugendlicher - als nachahmenswertes Ziel erscheinen zu lassen?
  • Hat der Täter von Winnenden durch die in Teilen populistische Diskussion über Verbote von Computer- und Paintballspielen, des Sportschießens oder aller privaten Legalwaffen sowie neuer waffenrechtlicher Restriktionen unter Berufung auf Winnenden aus der Perspektive potenzieller Amoktäter „mehr erreicht“, als der Täter von Erfurt?
  • Haben Filme wie der Oscar-Preisträger „Bowling for Columbine“ und die sich anschließende Diskussion in den USA auch dazu beigetragen, Amokverbrechen zu verhindern oder haben sie die beiden Täter in der Szene potentieller Nachahmer „unsterblich“ gemacht?
Diese Fragen können hier nicht beantwortet werden. Es ist aber festzustellen:
  • Man kann die Einzelheiten dieser Taten mittels der Berichterstattung genau nachverfolgen. In Internetforen sind z.B. Munitionsverbrauch, Häufigkeit des Magazinwechsels und genaue Treffer sowie Kleidung und Ausrüstung der Täter genau verfolgbar. So stellt der Experte Herbert Scheitauer fest: „Es ist bekannt, dass Amokläufer häufig Bezug auf andere Täter nehmen, sich von diesen in der Art der Tatausführung beeinflussen lassen und häufig sogar versuchen, andere Täter in der Anzahl der Toten zu übertreffen. So zeichnet sich über verschiedene Fälle zum Beispiel ein Trend ab, dass die Täter bei den Taten bestimmte Kleidungsstücke tragen, wie lange dunkle Mäntel. Die Orientierung an anderen Taten wird durch die mediale Aufmerksamkeit und Berichterstattung begünstigt“.
  • Die Distanz zum Täter kann durch seine Personifizierung, Veröffentlichung von Bildern, Texten, Zitaten und Motiv ungewollt verloren gehen, sein Verhalten nachvollziehbar erscheinen. So kritisiert das boulevardkritische Weblog „Bildblog“ in der Bild am Sonntag nach dem Amoklauf Fotos des Amoktäters als Kind, als Schüler, mit Verwandten und als Leichnam nach dem Schusswechsel mit der Polizei sowie das Elternhaus, den Garten der Familie.
  • Die Tat kann durch detailgenaue Darstellung auch des Schusswechsels mit der Polizei (bis zur Veröffentlichung einer Videosequenz von den letzten Minuten) ungewollt „heroisiert“ werden. Die Bild-Zeitung zeigte im Internet Animationen des Tatherganges („Der Amoklauf von Winnenden als Flash-Grafik“) und in der Printausgabe Bilder vom Tod des Täters („Hier stirbt der Amok-Killer. Erschütterndes Video aufgetaucht.“) sowie Fotomontagen vom Täter, die sich beide als heroisierend missverstehen lassen konnten. Entscheidend für die Frage der Heroisierung ist dabei das Empfinden jugendlicher potentieller Amoktäter.
  • Die „Vermächtnisse“ bekannter Amoktäter wie z.B. von Cho Seung-Hui, der in Blacksburg/USA 32 Menschen tötete, oder von Eric Harris und Dylan Klebold, die an der Columbine High 13 Menschen töteten, sind als Bilder, Filme, Texte in der Choreographie der Täter (Kleidung, Brillen, Frisuren, Gestik etc.) verfügbar. In diesem Zusammenhang ist das Zitat des Psychologen Jens Hoffmann von der Universität Darmstadt relevant, der konstatiert: „Es ist eine Mischung aus kalter Wut, Minderwertigkeitsgefühlen, Depressionen und dem Wunsch unsterblich zu werden. Durch solch eine Tat hat man dann die Möglichkeit, ‚jemand zu sein’, in die Reihe von gefürchteten und gefährlichen Menschen aufgenommen zu werden und so einen Wert zu erhalten – auch wenn es die letzte Handlung im Leben ist. Dazu kommt noch der Nachahmer-Effekt, die Jugendlichen identifizieren sich mit anderen Amokläufern. Wir haben diese furchtbare Ansteckungsgefahr und eine solche Tat erhöht immer das Risiko, dass andere Taten folgen“.
Eine von mehreren wirkungsvollen Präventionsmaßnahmen scheint deshalb eine journalistisch verantwortliche Selbstbeschränkung, der Berichterstattung über Amokverbrechen zu sein. Neben der genannten Nachahmungsgefahr muss auch die fortgesetzte Traumatisierung der Überlebenden bedacht werden, angesichts z.B. über 50 Übertragungswagen internationaler Fernsehsender in Winnenden. Es gibt, anders als häufig postuliert, kein Recht der Medien und der Öffentlichkeit an kompletten Biographien, dem detaillierten Tathergang und den genauen Statements und Rechtfertigungen des Täters.

Alltagsgewalt (k)ein Thema?
Es wäre wünschenswert, wenn an Stelle populistischer Diskussionen generell Gewaltprobleme an Schulen von Medien und Politik, aber auch von Eltern und Schulen thematisiert würden. Denn anders als insbesondere die mediale Diskussion glauben machen kann, handelt es sich bei unspektakulärer Alltagsgewalt um ein häufiges Phänomen mit in der Breite erheblichen Konsequenzen. So ist nach repräsentativen deutschen Erhebungen an weiterführenden Schulen fast jeder dritte Schüler bereits von Mitschülern schikaniert worden (31,2%), systematisch gemobbt wurden sogar noch mehr (37,2%) und Opfer körperlicher Gewalt wurde fast jeder zehnte Schüler (9,7%). Andere Untersuchungen zeigen teilweise noch höhere Zahlen von Mobbing-Opfern (Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz 2009). In eine ähnliche Richtung geht die Betrachtung der Opferhäufigkeit. So berichtete der Bundesverband der Unfallkassen für 2003 93.295 gemeldete Unfälle, die durch körperliche Auseinandersetzungen ausgelöst wurden. Das entspricht 250 verletzten Schülern pro Tag. Eine weitere Studie zeigt schließlich, dass seit den 70er Jahren die gewalttätige Minderheit von 13- bis 16-jährigen Schülern, die andere Schüler „zusammengeschlagen und arg zugerichtet“ hat, stark angestiegen ist. Einmaltäter waren dabei 1995 über 7% der Schüler (1972 3%), Mehrfachtäter knapp 6% (1972: 2%) (Meier und Tillmann 2000). Als Folge haben Mobbing- und andere Gewaltopfer aufgrund teilweise erheblicher Belastung und Traumatisierung nennenswerte gesundheitliche Probleme (14% leiden unter regelmäßig auftretenden Beschwerden) und isolieren sich wesentlich häufiger sozial (30%).
Eine breitenwirksame Gewaltprävention muss hier ansetzen und das Phänomen Amoktat an Schulen in seiner ganzen Komplexität und ideologiefrei betrachten.

Literatur

  • Lothar Adler: Amok. Eine Studie. München 2000.
  • Arbeitsgemeinschaft Kinder und Jugendschutz: Mobbing beenden. In: AJS Forum 1/2009.
  • Franz Csaszar: Waffenrecht und Schusswaffenkriminalität. In: Österreichische Richterzeitung 9/1994.
  • Ernst Ulrich Dobler: Schusswaffen und Schusswaffenkriminalität in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a.M. 1994.
  • Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen: Amoktaten – Forschungsüberblick unter besonderer Beachtung jugendlicher Täter im schulischen Kontext. Düsseldorf 2007.
  • Ulrich Meier und Klaus-Jürgen Tillmann: Gewalt in der Schule – importiert oder selbstproduziert? In: Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie. 1/2000.
  • N.N.: Seit Winnenden 148 Amokdrohungen in Bayern. In: www.welt.de am 7.7.2007.
  • N.N.: „Amokläufer versuchen, andere Täter zu überbieten“. In: www.spiegel.de am 15.6.2009.
  • N.N.: Die Amok-Opfer der Bild am Sonntag. In: www.bildblog.de am 11.6.2009.
  • N.N.: Presserat rügt Sensationsberichte. In: http://dju.mittelfranken.verdi.de am 15.6.2009.
  • N.N.: Amoklauf. Deutsche Schulen sind besonders gefährdet. In: www.welt.de am 12.3.2009.
  • N.N.: Gewalt und Schikane an Schulen. In: www.n-tv.de am 16.6.2009.
  • Frank J. Robertz: School Shootings. Frankfurt 2004.
Weiterführende Informationen in Internet
  • Eine Informationsbroschüre zum „No Blame Approach“ gegen Mobbing ist bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder und Jugendschutz erhältlich: http://www.ajs.nrw.de/
  • Das Berliner Leaking Projekt berichtet im Internet unter www.leaking-projekt.de über Prävention von schwerer Schulgewalt unter Leitung von Prof. Dr. Herbert Scheitauer von der Universität Berlin.