Rezension: Sniping and Sharpshooting: 2 Bücher von John Plaster

„Endlich erwischt: Interesse an Kriegsliteratur, an Mord und Totschlag“. Nein, Kritiker, vergeßt es. Im Folgenden rezensiere ich zwei Bücher über Scharfschützen, die aus den USA stammen. Dabei geht es nicht um Kriegsverherrlichung, sondern um Verständnis für diesen waffen- und schießtechnisch interessanten Bereich der Historie und Gegenwart. Beide Bücher sind in englischer Sprache geschrieben, glänzen aber durch eine Fülle von seltenen Bildern, so daß sie auch dem sprachlich weniger gewandten Leser viele Informationen bieten. Von den Büchern in deutscher Sprache kann ich leider keines wirklich empfehlen.
Ausnahmen bilden Erlebnisberichte wie der über den Scharfschützen Josef Allerberger („Im Auge des Jägers. Der Wehrmachts-Scharfschütze Josef Allerberger. Herne 2007.), die aber trotz der oder gerade wegen der schonungslosen und desillusionierenden Berichterstattung nur das subjektive Erleben einer Person umfassen.
John Plaster ist Vietnam-Veteran mit drei Jahren Dienst auf diesem Kriegsschauplatz u.a. als Unteroffizier der Spezialeinheit „Studies and Observation Group“ (SOG), langjähriger Schießausbilder und Verfasser des wohl umfassendsten Scharfschützenhandbuches auf dem Markt mit vielen interessanten Hinweisen auch zu Anschlagsarten, Optiken und Waffentypen.
Er hat mit der „Updated and Extended Version“ seines Meisterwerke „The Ultimate Sniper“, die zuerst 1993 erschienen ist, wieder einmal alles zusammengefaßt, was man über und für das militärische und polizeiliche Scharfschützenwesen wissen muß. Und in diesem Buch steckt auch jede Menge Wissen für den ambitionierten zivilen Schützen und Jäger. Einige Beispiel: Der Einsatz von so verschiedenen Optiken wie Fernglas (Doppelfernrohr), Spektiv und Zieloptik und die neusten Entwicklungen auf diesem Gebiet; das Prinzip Tarnung und die Geeignetheit verschiedener Muster unter verschiedenen Umständen (Witterung, Vegetation), die Pirsch und schwer wahrnehmbare Bewegungsmethoden („Stalking and Movement“), Entfernungs- und Windschätzung, Innen- und Außenballistik. Es würde viel, viel mehr Beispiele geben. Hier schreibt jemand, für den Schießen ein Handwerk, aber ein sehr sorgfältig und sehr verantwortungsbewußt zu lernendes ist. Leider gibt es das Buch nicht gebunden.
John L. Plaster: The Ultimate Sniper. Updated and Extended. Boulder 2006.
                             
In seinem zweiten Buch hat er eine umfassende Geschichte des präzisen militärischen Schusses verfaßt, beginnend bei ersten Indianerkämpfen bis hin zu den andauernden Konflikten im Irak und Afghanistan. Es ist das einzige Buch, das ich kenne, das gleichzeitig fundiert und umfassend und interessant ist. Bücher wie Peter R. Senichs „The German Sniper 1914-1945.“ Ist nicht nur etwas speziell auf die Deutschen in einem bestimmten Zeitabschnitt bezogen, sondern auch von der Auswahl der Bilder her scheinbar auf Waffensammler. Weil ich kein Sammler bin, freuen mich zwar die zum Teil einzigartigen Bilder, in dem Moment, wo es Detailaufnahmen verschiedener k 98 sind, langweilt es mich jedoch. Bei kürzeren, deutschsprachigen (in der Regel übersetzten) Büchern, von denen es s zwei bis drei gibt, habe ich so wenig Sachkenntnis festgestellt, daß sie allenfalls zum Anschauen der Bilder und für wirklich sehr rudimentäre Informationen genügen. Anders ist „The History of Sniping and Sharpshooting“. Sehr hochwertiges Papier, gebundene Ausgabe, Hunderte Bilder, viele, die ich noch nie gesehen habe, allerdings naturgemäß angelsächsischer Schwerpunkt. Gerade die detaillierte Beschreibung gleichzeitig von Scharfschützen im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg oder Sezessionskrieg und ihrer persönlichen Eigenheiten, aber auch wirklich sehr aktueller Ereignisse im Irak ist beeindruckend.
John L. Plaster: The History of Sniping and Sharpshooting. Boulder 2008.