Jagdaufseherverbände: Einigkeit würde stark machen

Jagdaufseher haben keine leichte Aufgabe. Dafür sorgen u.a. die Komplexität der Jagdgesetze, die Häufigkeit und teilweise Realitätsferne neuer jagd- und waffenrechtlicher Bestimmungen, der zunehmende Freizeitdruck auf die Reviere, die Verbreitung von Neozoen, das Auftauchen des Wolfes und vielfältige andere Gefahren für Wild und Revier (von der Wilderei über illegales Mountainbiken und Quadfahren bis zum Abladen von Müll). Um so wichtiger ist es, dass sie eine starke Lobby haben. Leider bleibt aber die Organisation auf Bundesebene schwierig.
Würden die Jagdaufseher mit einer Stimme sprechen, ähnlich wie die Berufsjäger, - mit Einschränkung - der Deutsche Jagdverband und natürlich die Umweltschutzverbände, würden ihre Erfahrungen und Meinungen mehr Gewicht haben. Gerade bei strittigen oder schwierigen Fragen, bei denen die öffentliche bzw. mediale Diskussion oft ohne große Sachkenntnis geführt wird, wie beispielsweise die um den Wolf und die Konsequenzen seiner Verbreitung, um die Afrikanische Schweinepest (ASP) oder um die Fangjagd, wäre dies wünschenswert.

Auch eine bundesweit einheitliche Aus- und Weiterbildung aller Jagdaufseherverbände oder wenigstens einheitliche Kriterien dafür, wären wünschenswert, um die Akzeptanz der Jagdaufseher und ihrer Ausbildung zu steigern.

 
Auch bislang waren jedoch im "Bund Deutscher Jagdaufseherverbände" (BDJV) nicht alle Landesverbände der Jagdaufseher organisiert. Das ist möglicherweise neben der unglücklichen Namenswahl* einer der Gründe dafür, dass die Fortbildung für Jagdaufseher ("Revierhegemeister") nicht bundesweit allen Jägern bekannt und bei allen Stakeholdern (Eigenjagdbesitzer, Berufsjäger, Organisationen der Land- und Forstwirtschaft, Jagd- und Umweltschutzpolitik) gleichermaßen akzeptiert ist.

Keine Frage: Es ist sinnvoll, dass man sich jagdlich in jeder Hinsicht lebenslang weiterbildet und es ist auch sinnvoll, dies zumindest auch modulartig anzubieten, denn eine Woche oder zehn Tage Ausbildung am Stück, wie dies bei einigen Jagdaufseherlehrgängen der Fall ist, erschwert berufstätigen Jagdaufsehern eine Teilnahme. Allerdings hatten bislang dem Vernehmen nach nicht nur die einzelnen Seminare unterschiedliche Qualität, sondern auch die reine Anzahl der Seminare, die in den einzelnen Bundesländern angeboten wurde, schwankte. Am rührigsten über Jahre hinweg soll dabei der niedersächsische Verband gewesen sein.
Hinzu kamen Einzelausbildungsprogramme wie z.B. das zum "Zertifizierten Ersthelfer" des Verbandes in Baden-Württemberg, das eine Art jagdlicher Erster Hilfe zum Inhalt hat. Gerade, weil solche Ausbildungsinhalte sehr wichtig sind, hat es Sinn, diese bundesweit einheitlich zu gestalten und eine strenge Qualitätskontrolle auch mit externer Evaluation einzusetzen.


Zuletzt waren in dem Dachverband wenigstens die Jagdaufseherverbände der Länder Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Saarland vertreten. Das ist nicht nur keine vollständige, sondern durch das Fehlen der wichtigen "Jagdländer" Bayern und Brandenburger auch keine starke Mitgliedsliste. Nun aber sind in der Folge einer Bundesversammlung im Oktober 2017 auch die Länder Nordrhein-Westfalen, das wenigstens von seiner Fläche und der Bevölkerungs- und Jägeranzahl bedeutend ist, und Hessen ausgetreten. Dies beeinträchtigt nicht nur den Vertretungsanspruch des Dachverbandes, sondern auch die Relevanz der Fortbildung, denn prompt hat z.B. der Verband in NRW einen eigenen Titel ("Hegemeister NRW") geschaffen.

Es ist nicht leicht, von Außen zu beurteilen, warum es zu diesem Austritt kam. Der hessische Verband hat seine Homepage noch nicht dahingehend abgeändert, dass er nicht mehr im BDJV Mitglied ist (Stand 29.1.2018), während der Verband aus NRW u.a. schreibt, man sei ausgetreten wegen "der geplanten Umstrukturierungen weg von einem Verband der Verbände". Damit ist vermutlich gemeint, dass seit 1.1.2018 auch Einzelpersonen Vollmitglied mit allen Rechten im BDJV werden können - eine Änderung, die dem Vernehmen nach erfolgte, um Jagdaufseher aus Bundesländern ohne Verband oder mit Verband ohne BDJV-Mitgliedschaft gewinnen zu können.

Für Außenstehende muten solche Zwistigkeiten wie der Streit um des Kaisers Bart an, denn während die Jagdaufseher sich wie es scheint letztlich wohl in Folge von Fragen des richtigen Weges zum gleichen Ziel gestritten haben, warten die Gegner der Jagd nicht darauf, dass die verschiedenen Zweige der Jägerschaft sich organisiert haben. Im Gegenteil: Mit einem bundesweit präsenten Verband, den finanziellen Mitteln zu professioneller Außendarstellung und für rechtliche Interventionen sowie einer erstklassigen "postgraduierten" Ausbildung, hätte neben Berufsjägern und DJV ein dritter starker Player für die Jagd zur Verfügung gestanden, der ideologisch motivierte Jagdfeindlichkeit ein ganzes Stück schwieriger hätte machen können.


*Eines der Probleme ist die Namensähnlichkeit mit dem Revierjagdmeister, dem Meistertitel der Berufsjäger mit dreijähriger Berufsausbildung. Man fragt sich in der Tat, warum nicht gerade in Deutschland, wo der Begriff "Meister" nun eben "besetzt" ist, kein anderer Begriff gefunden werden konnte. Auch der Verband in NRW verzichtet in seiner aktuellen Bezeichnung nicht darauf.